Design trifft Einfachheit: Die Baby Brownie Special

Die Design-Box aus Bakelit

Die Kodak Baby Brownie Special ist eine extrem einfache Kamera, die ohne technische Spielereien auskommt. Eastman Kodak brachte sie im September 1939 auf den Markt. Entworfen wurde das Gehäuse dieser kleinen Box aus Bakelit vom einflussreichen amerikanischen Industriedesigner Walter Dorwin Teague, einem Wegbereiter des sogenannten Streamline Designs der 1930er-Jahre. Neben der Baby Brownie Special gestaltete Teague weitere Kameramodelle für Kodak. Charakteristisch für seine Designs war die klare, stromlinienförmige Gestaltung, wie sie bei der Kodak Baby Brownie Special gut zu erkennen ist. Einen kurzen Einblick in Teagues Schaffen vermittelt das Video «Teague: Design + Beauty Documentary – Trailer».

Die Kodak Baby Brownie Special von schräg oben fotografiert

Technik in ihrer einfachsten Form

Wie schon das Vorgängermodell, die Kodak Baby Brownie, überzeugt auch die Baby Brownie Special weniger durch technische Raffinessen als durch ihr durchdachtes Design und ihre Kompaktheit. Die Technik wurde aufs Minimum reduziert, und beide Kameras wurden auch bewusst so beworben. Im Kodak-Katalog vom Oktober 1939 heisst es auf Seite 32: «Easy loading. No focusing required.»

Neu hinzugekommen bei der Baby Brownie Special war ein optischer Durchsichtssucher sowie ein seitlich platzierter Auslöseknopf an der rechten Gehäuseseite. Trotz dieser sehr einfachen Ausstattung blieb das Modell überraschend lange im Programm: Kodak bot die Kamera bis 1954 an.

Ein Auszug aus dem Kodakkatalog vom Oktober 1939 zeigt auf der linken Seite die Kodak Baby Brownie und rechts daneben die Kodak Baby Brownie Special.

Auszug aus dem Kodak Katalog Oktober 1939, Seite 32
Gescannt durch «The Digitized Kodak Catalog Project (1886 – 1941)» | Quelle: Pacific Rim Camera

Werden die beiden seitlich montierten Metallschienen nach unten geschoben, lässt sich die Baby Brownie Special unkompliziert in zwei Gehäusehälften zerlegen. Im hinteren Teil befindet sich in der Rückwand ein Rotfenster zur Filmkontrolle, und auf der Oberseite ist mittig der einfache Durchsichtssucher integriert. Die geflochtene Trageschlaufe ist fest an den oberen Enden der beiden Metallklammern angebracht.

Die wichtigsten Konstruktionselemente sind in der vorderen Gehäusehälfte untergebracht. Auffällig ist die einfache Meniskuslinse, die direkt in die Kamerafront eingelassen ist. Je nach Quelle beträgt ihre Brennweite 60 oder 65 mm. Laut Bedienungsanleitung lassen sich Motive ab einer Distanz von rund 5 Fuss (etwa 1,5 Metern) bis unendlich scharf abbilden.

Kodak Baby Brownie Special mit abgenommener Rückwand.

Hinter der Linse befindet sich ein einfacher Rotationsverschluss, der eine Belichtungszeit von etwa 1/40 Sekunde erzeugt. Je nach Quelle schwanken die Angaben zwischen 1/30 und 1/60 Sekunde – eine Abweichung, die bei dieser simplen Verschlussmechanik durchaus im Bereich des Normalen liegen könnte.

Ausgelöst wird der Verschluss über einen weissen Knopf, welcher unten rechts seitlich aus dem Gehäuse ragt. Dieses kleine Bedienelement setzt einen deutlichen gestalterischen Akzent, ebenso wie der geriffelte Filmtransportknopf auf der Oberseite, links neben dem Sucher.

Detailaufnahme des Auslösers, der auf der rechten Kameraseite angebracht ist.

Fotografieren mit der Baby Brownie Special

Bei der Kodak Baby Brownie Special handelt es sich um eine kleine Mittelformatkamera mit den Massen 9 cm x 8 cm x 6.5 xm (B x H x T). Sie benötigt 127er Rollfilm, auf den dann 8 Aufnahmen im Format 4 × 6,5 cm passen.

Selber konnte ich mit der Kamera noch keine Aufnahmen machen. Mir mangelt es aktuell aus zwei Gründen an passendem Filmmaterial. Erstens ist 127er Rollfilm nur schwer erhältlich, insbesondere niedrig empfindliches Material, das für die Baby Brownie Special eigentlich besser geeignet wäre. Zweitens sind die Preise für diese Filme hoch. Ein 127er-Film mit ISO 100 kostet zurzeit (Juli 2025) rund CHF 30. Günstiger sind zwar Filme mit ISO 400 für etwa CHF 20, doch bei einer festen Verschlusszeit von etwa 1/40 s und einer Blende von rund f/11 wären sie in den meisten Situationen deutlich zu lichtempfindlich. So kommt ein erster Test für mich im Moment kaum in Frage.

Da die Kodak Baby Brownie Special weder Blenden- noch Zeitwahl bietet, müssen Lichtverhältnisse und Filmempfindlichkeit gut aufeinander abgestimmt sein. Auf seiner Website artdecocameras.com zieht Mike O’Connell einen hilfreichen Bezug zur bekannten Sunny-16-Regel. Mit der von ihm erstellten Tabelle lassen sich typische Lichtsituationen einschätzen und die passende Filmempfindlichkeit ableiten. Ich hoffe, dass ich diese Hinweise bald einmal in der Praxis ausprobieren kann.

Das Laden des Films sollte keine grossen Schwierigkeiten bereiten. Film- und Leerspule werden von federnden Metallstreifen gehalten und sind gut zugänglich. Dennoch empfiehlt es sich, den Filmwechsel nur bei gedämpftem Licht vorzunehmen. Öffnet man das Gehäuse, fällt sofort die leicht gewölbte Filmebene auf, die sich auch in der äusseren Form des Kameragehäuses widerspiegelt.

Bei geöffneter Kamera ist gut die mit Federblechen fixierte Leerspule und die gebogene Filmebene zu erkennen.

Wer eine so minimalistische Kamera wie die Kodak Baby Brownie Special in der Hand hält, kommt unweigerlich ins Grübeln, wie die Menschen wohl damals damit fotografiert haben. Es war wohl nicht ganz so einfach, wie es die Kataloge und Werbeprospekte suggerierten. Der passende Film für die jeweiligen Lichtverhältnisse war vermutlich der wichtigste Erfolgsfaktor. Hinzu kommt, dass in der Bedienungsanleitung mehrfach betont wird, wie entscheidend es ist, die Kamera beim Auslösen absolut ruhig zu halten, was bei einer festen Verschlusszeit von rund 1/40 Sekunde durchaus nachvollziehbar ist.

Ein Auszug aus der Bedienungsanleitung der Baby Brownie Special. Es werden Hinweise zur Minimaldistanz und zu ruhighalten der Kamera gezeigt.