SCURA – zwei ausgereifte Lochkameras
Die Herkunft der Kameras
Die beiden Pinhole-Kameras SCURA und SCURA 35, welche in diesem Beitrag im Mittelpunkt stehen, wurden von Dora Goodman Cameras in Budapest entwickelt. Sie werden im 3D-Druckverfahren hergestellt und wurden früher als Bausätze angeboten. Laut aktuellen Angaben der Firma (Stand Mai 2025) ist dies bis auf Weiteres nicht mehr möglich. Über die GoodLAB-Plattform stellt das Unternehmen jedoch weiterhin die Designdateien der zwei Lochkameras als Open Source zum Download zur Verfügung. Dies ermöglicht den Selbstbau und die Modifikation der Kameras. Das Konzept verbindet analoge Fotografie mit 3D-Druck – eine Kombination, die mich sofort begeistert hat.
Ausgereifte Konstruktion
Die SCURA-Lochkamera ist in zwei Versionen erhältlich: für 120er-Rollfilm und für Kleinbildfilm. Beide Varianten sind vom Grundkonzept her gleich aufgebaut. Die Filmebene ist gewölbt – eine Bauweise, die ich bisher nur von der Panoramakamera terraPin Kaiju kenne (mein Beitrag dazu).
Das Gehäuse besteht jeweils aus einem oberen und einem unteren Teil, die beim Zusammenbau miteinander verschraubt werden. Besonders gut gefällt mir die Konstruktion des Verschlusses: Bei beiden Modellen kommen drei Minimagnete zum Einsatz. Einer davon ist im Verschlussschieber eingelassen, die beiden anderen befinden sich in der Frontseite des Gehäuses. Sie halten den Verschluss zuverlässig in den Positionen «geschlossen» und «offen», und verhindern so mit minimalem Aufwand ein unbeabsichtigtes Öffnen.
Bei der grossen SCURA lässt sich das Rotfenster auf der Rückseite der Kamera mit der kleinen quadratischen Lasche der Filmverpackung abdecken. Ebenfalls eine einfache, aber geniale Lösung, denn so ist auf einen Blick erkennbar, welcher Film gerade eingelegt ist.
Die Lochblende, die ich wie bei meinen anderen Lochkameras (siehe hier, hier und hier) selbst gestochen habe, hat einen Durchmesser von 0.3 mm. Dies entspricht bei beiden SCURA-Modellen etwa einer Blende von f/168. Der horizontale Bildwinkel ist laut Herstellerangabe identisch und beträgt 69°. Daraus ergibt sich bei der grösseren SCURA mit 120er-Rollfilm ein Negativformat von 6×6 cm, bei der SCURA 35 eines von 60×25 mm.
Die SCURA drucken
Während die von Dora Goodman angebotenen Kits bereits alle Bauteile, Schrauben sowie eine lasergeschnittene Lochblende enthielten, erfordert der Selbstbau etwas mehr Eigeninitiative. Wer die Kamera selbst druckt, muss nicht nur sämtliche mechanischen Komponenten für die Montage beschaffen, sondern auch die Lochblende in Handarbeit selbst stechen.
Der 3D-Druck mit einem Bambu Lab A1 verlief ohne grosse Probleme. Viele Bauteile lassen sich ohne Stützstrukturen drucken, lediglich die obere Gehäusehälfte sowie die beiden Drehknöpfe benötigen zwingend Support. Für den Druck kam schwarzes PETG HL-Filament von BambuLab zum Einsatz. Eine Ausnahme bildeten die beiden Drehknöpfe, die ich mit grauem Filament desselben Typs hergestellt habe. Die gesamte Druckzeit betrug bei mir rund sieben Stunden. Dabei wurden etwa 200 g Filament verbraucht.
Montage der Lochkamera
Bei der Montage wird zuerst die Sechskantmutter, die als Gegenlager für die Verschraubung des Kameradeckels dient, im Innern des oberen Gehäuseteils mit Sekundenkleber befestigt. Anschliessend wird in jedem Gehäuseteil in die beiden dafür vorgesehenen Schlitze je eine Sechskantmutter versenkt. So kann anschliessend getestet werden, ob sich später mit den passenden Schrauben die Frontplatte befestigen lässt. Klappt dies, wird die Frontplatte wieder demontiert und die beiden Gehäusehälften zusammengeschraubt. Aufgrund kleiner Toleranzen im 3D-Druck kann es erforderlich sein, gewisse Versätze in der Gehäusewand mit Schleifpapier nachzubearbeiten.
Besonderes Augenmerk verdient der Verschlussschieber. Damit er sich leichtgängig bewegen lässt, muss er gegebenenfalls etwas dünner geschliffen werden. Die kleinen Magnete zur Arretierung des Verschlusses werden mit Sekundenkleber fixiert – dabei ist unbedingt auf die korrekte Polarität zu achten, damit der Mechanismus zuverlässig funktioniert. Sobald alles passt, wird ein Magnet im Verschlussschieber und die beiden anderen in den vorgesehenen Vertiefungen im Gehäuse befestigt. Danach kann die Frontplatte definitiv montiert werden.
Im Kameraboden lässt sich ein Übergewinde von 3/8″ auf 1/4″ einschrauben, womit sich die SCURA-Lochkamera mit jedem modernen Stativ verwenden lässt.
Zum Schluss wird der Kameradeckel zusammengesetzt. Zwischen die beiden Einzelteile wird ein Stück Veloursfolie als Lichtdichtung eingeklebt. Diese wird zuvor anhand der von Dora Goodman bereitgestellten Vorlagen zugeschnitten. Nach dem Zusammenschrauben des Deckels folgt die Montage der beiden Drehknöpfe. Auch hier sind meist nochmals Schleifarbeiten nötig, bevor sie korrekt eingesetzt und fixiert werden können. Sie sollten leichtgängig sein und sicher in die gedruckten Befestigungsscheiben greifen.
Den Halter für einen Blitzschuh, der beim Verschliessen des Kameradeckels mit angebracht werden kann, habe ich leicht modifiziert. Er trägt bei meiner SCURA lediglich eine kleine Libelle, die das Ausrichten der Kamera beim Fotografieren erleichtert.
Die Schmuckelemente (Belederung)
Beide SCURA-Modelle verfügen in Gehäuse, Kameradeckel und Drehknöpfen über Vertiefungen. Dadurch lässt sich die Kamera ganz nach den eigenen Vorstellungen mit einer Art «Belederung» gestalten. Im Downloadpaket sind Vorlagen enthalten, mit denen sich passende Elemente aus Kunstleder oder Dekofolien zuschneiden lassen. Ich selbst nutzte für den präzisen Zuschnitt einen Schneideplotter.
Die SCURA Kameras in der Praxis
SCURA 120
Das Laden des Films in die Pinhole-Kamera SCURA gestaltet sich als unkomplizierter Vorgang, der stark an die Handhabung klassischer Rollfilmkameras erinnert. Dank der Verwendung der originalen Aufnahmespule bleibt das Prinzip vertraut und intuitiv.
Zunächst wird der Rollfilm ausserhalb der Kamera in die Leerspule eingelegt und mit ein bis zwei Drehungen leicht verankert. Dies sorgt für einen stabilen Halt des Filmanfangs. Anschliessend wird der Film mit einem sanften Bogen geformt, was das Einlegen in die Kamera erleichtert. Mit beiden Spulen wird der Film vorsichtig in die Filmführung abgesenkt.
Nach dem Einlegen der Spulen wird der Kameradeckel aufgesetzt. Durch leichtes Drehen der beiden Transportknöpfe wird geprüft, ob diese korrekt in den Vertiefungen der Spulen einrasten. Abschliessend wird der Deckel mit einer Schraube fixiert, womit die Kamera bereit für den nächsten Belichtungsvorgang ist.
Der gesamte Prozess beim Fotografieren mit der SCURA vereint klassische Filmtechnik mit der reduzierten Ästhetik der Lochkamera, ein elementarer Bestandteil des analogen Bilderlebnisses.
SCURA 35
In der praktischen Anwendung schneidet das kleinere SCURA-Modell für 135er-Film für mich schlechter ab, obwohl das Grundprinzip der Konstruktion jenem der SCURA 120 entspricht. Beim Fotografieren mit meinem Exemplar wirkte alles etwas hakelig, und das Benutzererlebnis fiel insgesamt weniger überzeugend aus. Dafür gibt es mehrere Gründe.
Zum einen bereitet die Mechanik des Filmtransports Schwierigkeiten. Beim Drehen des Transportknopfes läuft dieser nicht ganz geschmeidig. Diese Schwäche macht sich bereits beim Einlegen des Kleinbildfilms bemerkbar: Der Film sperrt sich beim Aufspulen und lässt sich nicht sauber spannen. Dies wirkt sich vor allem bei den ersten Aufnahmen negativ aus.
Da die SCURA 35 weder ein Filmzählwerk noch ein Rotfenster besitzt, erfolgt der Bildvorschub rein über die Anzahl Umdrehungen des Transportknopfes. Gemäss Anleitungsvideo («SCURA pinhole camera: film reel count using the film advance knob» auf YouTube) sind für die ersten zehn Aufnahmen jeweils zwei volle Umdrehungen nötig, danach reichen eineinhalb. Bei meinem ersten Film liess sich der Knopf zunächst noch drehen, sprang aber durch das bereits beschriebene Problem wieder ein gutes Stück zurück. Ein kontrollierter Bildvorschub war dadurch nur erschwert möglich.
Gegen das Ende des ersten Films hin liess sich die Aufnahmespule immer schlechter drehen, bis der Transportknopf schlussendlich ganz blockiert war. Ich nahm an, das Filmende sei erreicht. Nach der Entwicklung stellte sich jedoch heraus, dass mindestens drei Aufnahmen ungenutzt geblieben waren.
Vielleicht lässt sich dies alles bei einem nächsten Versuch verbessern. Dennoch bin ich nicht vollständig von der SCURA 35 überzeugt. Zum einen bietet das Kleinbildformat für meine Ansprüche eine zu geringe Auflösung, zum anderen geht durch den umdrehungsbasierten Filmtransport zu viel Material verloren. Die Abstände zwischen den einzelnen Bildern lagen bei mir zwischen etwa 2 und 4,5 Zentimetern.
Fazit
Insgesamt verlangt der Bau der SCURA Lochkameras etwas handwerkliches Geschick und Geduld, bietet dafür aber hochwertig konstruierte und individuell gefertigte Pinhole-Kameras. Das offene Konzept von Dora Goodman, das 3D-Druck mit analoger Fotografie verbindet, eröffnet viele kreative Möglichkeiten, sowohl im Bau als auch im Einsatz.
Die SCURA 120 überzeugt durch ein durchdachtes Design und ein zuverlässiges Benutzererlebnis, das stark an klassische Rollfilmkameras erinnert. Die SCURA 35 hingegen zeigt in der Praxis gewisse Schwächen beim Filmtransport und im Handling, wodurch sie für mich persönlich weniger geeignet ist.
Trotzdem bleibt das Projekt als Ganzes ein spannendes Experimentierfeld für Liebhaber der analogen Fotografie, die gerne selbst Hand anlegen und eine Kamera nach eigenen Vorstellungen gestalten möchten.











